Wie so oft, war ich wieder einmal unterwegs. Im Hotel angekommen, melde ich mich am Empfang, werde freundlich begrüßt, die Dame drückt mir den Schlüssel in die Hand, erklärt die Frühstückszeiten und wünscht mir einen angenehmen Aufenthalt. Dazu gibt’s die Gästekarte, den WiFi-Code und die Öffnungszeiten des kleinen, aber feinen Wellness-Bereichs. Und dann kommt da noch ein Zettel mit dem aktuellen Tageswitz: „Nachricht an den Typen, der mir meine Daunenjacke gestohlen hat: Du kannst dich warm anziehen!”

Ich erkundige mich, ob das eine neue Strategie sei, und die Dame meint sichtlich erfreut: „Ja, wir haben Humorwochen. Es gibt ein Lachseminar und wir unterhalten die Gäste mit lustigen Witzen, wo immer sie sind.“ Naja, den oben genannten Witz kann man lustig finden – muss man aber nicht. Das mit dem Humor ist scheinbar keine so einfache Sache! Eher eine ernste, wichtige und schwierige Angelegenheit. Für mich als Besucher des Hotels ist klar: Das ist grundsätzlich eine tolle Aktion. Die Gäste unterhalten und für einen guten Teamgeist sorgen – das ist ja mal vorbildlich. Aber vielleicht schrammt man das eine oder andere Mal doch haarscharf an der Peinlichkeitsbande entlang.

Bevor wir uns mit irgendwelchen stilistischen Mitteln und kommunikativen Eskapaden auf Andere stürzen, beginnt das Humoristische bei uns selbst. Hinsichtlich Humor und «Witze erzählen» bin ich zuerst ganz und gar auf mich selbst zurückgeworfen. Ich stehe da, im übertragenen Sinne nackt, und überlege mir, mit welchen Ingredienzen ich beim Anderen Eindruck machen kann – sofern ich es denn will.

Genau das ist die erste und entscheidende Frage: Will ich? Warum will ich meinen Auftritt gegenüber dem Kunden humoristisch aufpeppen? Will ich es nur, weil es sich gerade gut macht? Weil die Humorwochen laufen? Weil es der Chef will? Wenn eines davon zutrifft, ersparen Sie sich die Arbeit. Ich kann Ihnen nicht viel garantieren, aber wenn Sie Humor nur darum einsetzen, weil Sie meinen, es wird von Ihnen verlangt, können Sie „Spaß“ auch gleich durch „Peinlichkeit“ ersetzen.

Humor lebt von Authentizität, von Echtheit. Das geht nur, wenn ich weiß, was „echt“ ist, was zu mir passt. Was sind Sie also für ein „Humortyp“? Überlegen Sie für ein paar Minuten, was Sie im Normalfall lustig finden. „Im Normalfall“ darum, weil es Situationen morgens um 04.00 Uhr gibt, wo Sie schlichtweg alles oder gar nichts lustig finden. Scannen Sie Ihren Alltag: Welche TV-Sendungen bringen Sie zum Lachen? Welche Comedians treiben Ihnen Tränen in die Augen? Über welches YouTube-Video können Sie immer wieder schmunzeln?

So finden Sie relativ einfach und vor allem sehr kurzweilig heraus, auf was Sie humor-technisch stehen. Das Schöne daran ist: Genau dieses Gefühl für Humor haben Sie in sich und können es auch vermitteln – auf eine ganz natürliche und deshalb umso humorvollere Art und Weise.

Daraus abgeleitet und zusammenfassend: Finden Sie Schillerstrasse gut? Dann ist das überraschende Element einer Pointe für Sie stimmig. Meinen Sie, dass die Feinsinnigkeit eines Loriot unübertrefflich ist, dann passt wohl das Bonmot zu Ihnen. Wenn Sie denken, dass Michael Mittermayer Sie alle Sorgen vergessen lässt, dann tendieren sicher auch Sie dazu, den Alltag zu überzeichnen und in hohem Tempo zu präsentieren. Oder gehören Sie zum Zirkel der Freunde des schwarzen Humors und würden sich am liebsten als Teil der Adams-Family fühlen: „Er hat die Augen meines Vaters.“ – „Gomez, nimm sie ihm aus dem Mund.“ Das ist es dann auch, was bei Ihnen ankommt.

Humor ist immer individuell und nicht jeder Witz ist für alle gleich lustig, aber zumindest fremdschämend sollte es nie wirken. Und vielleicht reicht es dem Gast oder Kunden ja auch einfach, wenn Sie ganz sie selber sind, er Ihre Herzlichkeit spürt und sie, sollte sich eine lustige Situation ergeben, durchaus Humor dafür zeigen.

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